Teure Baufinanzierung muss nicht sein: Wann Sie Altverträge umschulden können

Ratgeber: Wann können Sie bei der Baufinanzierung Altverträge umschulden?

„Willst du um den Bau nicht weinen, baue nur mit eigenen Steinen“ – dieses alte Sprichwort ist mittlerweile längst aus der Mode gekommen. Wer heute ein Haus bauen oder kaufen möchte, nimmt dafür in aller Regel auch eine Finanzierung in Anspruch. Durch die niedrigen Bauzinsen kam es in den letzten Jahren sogar zu einem regelrechten Immobilienboom. Doch eine Baufinanzierung läuft in den meisten Fällen über Zeiträume zwischen 10 und 30 Jahren. Wenn Sie bereits vor längerer Zeit einen Immobilienkredit aufgenommen haben und deshalb im Vergleich viel zu hohe Zinsen zahlen, wird es eventuell Zeit für eine Umschuldung? Wir zeigen Ihnen, in welchen Fällen das möglich ist.

Der Normalfall: Eine Kündigung vor Ende der Laufzeit ist schwierig

Der Abschluss einer Baufinanzierung bedeutet zwar nicht den Bund fürs Leben, aber doch für eine sehr lange Zeit. Das heißt: Sie sind über die gesamte Laufzeit hinweg an ihren Kreditvertrag gebunden. Dafür genießen Sie während dieser Zeit auch einige Vorteile:

  • Fixer Sollzinssatz
    Während der Laufzeit bleiben die Kreditzinsen auf dem vereinbarten Niveau. Bei Laufzeiten von 10 und mehr Jahren bedeutet dies, dass auch größere Zinsänderungen auf dem Markt keinen Einfluss auf die Konditionen ihres Baukredits haben. Aus diesem Grund wird die Laufzeit auch als Zinsbindungsfrist bezeichnet. Dies erweist sich immer dann als Vorteil, wenn die Zinsen im weiteren Verlauf eher steigen. Sinkt das Zinsniveau deutlich ab (wie seit 2011), kehrt sich die Wirkung leider um.
  • Planbarkeit der Finanzierung
    Die fixen Sollzinssätze sorgen jedoch in jedem Fall für Planbarkeit. Sie wissen heute schon, welche Rate jeden Monat bis zum Ende der Laufzeit fällig wird. Somit müssen sie als Kreditnehmer keine bösen Überraschungen in Bezug auf plötzliche Kostenschübe befürchten.

Wenn Kreditnehmer mit dem Wunsch einer vorzeitigen Kündigung mit Rückzahlung an ihre Bank herantreten, liegt es in deren Ermessen, ob sie einer vorzeitigen Kündigung zustimmen. Doch selbst bei einer Zustimmung wird am Ende eine recht hohe Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Damit gleichen Kreditgeber die Zinsverluste aus, die durch eine vorzeitige Rückzahlung anfallen – oft für die gesamte Laufzeit.

Kurz und gut: Im Normalfall können Sie Ihre Baufinanzierung nicht vorzeitig kündigen. Falls doch, müssen Sie mit hohen Kosten für die vorzeitige Rückzahlung rechnen.

Der günstigste Fall: Ihre Baufinanzierung läuft schon seit 10 Jahren

Wie oben beschrieben, ist es gar nicht so einfach, Baudarlehen vorzeitig zu kündigen und durch eine Umschuldung Zinsen zu sparen. Sollten Sie sich in der Vergangenheit jedoch für eine sehr lange Sollzinsbindung von 15 oder gar 20 Jahren entschieden haben, kommt hier die gute Nachricht:

Es existiert ein Schlupfloch – und es ist vollkommen legal!

In §489 Abs. 1 Nummer 2 BGB wird klar aufgezeigt, dass Darlehensverträge mit gebundenem Sollzins (also auch Baukredite) nach Ablauf von 10 Jahren in jedem Fall gekündigt werden dürfen. Das gilt auch Zinsbindungsfristen von insgesamt 15, 20 oder sogar 25 Jahren.

Dabei sollten Sie beachten:

  • Es gilt dann eine Kündigungsfrist von 6 Monaten
  • Die Bank darf keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen

Auf diesem Weg können Sie Altverträge in der Baufinanzierung also bequem umschulden und von den aktuell günstigen Zinsen profitieren.

Weitere Fälle: Besondere Umstände rund um die Immobilie

Die obige Sonderregelung für Altverträge ist die günstigste und bequemste Art, eine Baufinanzierung vorzeitig zu kündigen. Es existieren jedoch noch weitere Fälle, in denen das kreditgebende Finanzinstitut Ihnen als Kunden die Kündigung nicht verweigern darf:

  • Sie möchten die Immobilie verkaufen
    Ein vorzeitiger Verkauf Ihres Hauses oder der Eigentumswohnung eröffnet Ihnen ein Sonderkündigungsrecht. In diesem Fall darf die jeweilige Bank jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 1997 beschlossen (AZ. XI ZR 267/96)
  • Sie benötigen ein weiteres Darlehen
    Sie benötigen ein weiteres Darlehen und möchten Ihre Immobilie als Sicherheit einsetzen? Wenn Sie dieses Darlehen nicht vom bisherigen Anbieter Ihrer Immobilienfinanzierung bekommen, dürfen sie lauf BGH-Urteil (Az. XI ZR 197/96) ebenfalls eine vorzeitige Kündigung nutzen. Doch auch hier wird eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig.

Versäumnisse der Bank eröffnen Chancen bei der Umschuldung

Der Rechtsweg: Versäumnisse der Bank eröffnen Chancen

Eine weitere Möglichkeit für eine vorzeitige Kündigung und Umschuldung bieten rechtliche Versäumnisse der jeweiligen Bank. Hier sollten Sie vor allem auf zwei wichtige Aspekte schauen:

  • Fehler in der Widerrufsbelehrung
    Ist die Widerrufsbelehrung in Ihrem Kreditvertrag fehlerhaft, ermöglicht dies einen vorzeitigen Ausstieg aus der Finanzierung. Zusätzlich fällt dann auch keine Vorfälligkeitsentschädigung an. Es wird einfach so getan, als ob das Darlehen nie wirksam abgeschlossen wurde. Sie lösen als Kreditnehmer einfach die Restschuld durch die Aufnahme eines neuen (und günstigeren) Baudarlehens ab. Eine entsprechende Prüfung sollten Sie jedoch in jedem Fall mit einem Fachanwalt abklären.
  • Fehlerhafte Angaben in Bezug auf die Vorfälligkeitsentschädigung
    Wenn Ihr Darlehensvertrag nach dem 21. März 2016 geschlossen wurde, könnten Ihnen auch fehlerhafte Informationen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung helfen. In einem solchen Fall darf die Bank laut einer Entscheidung des OLG Frankfurts (Az. 17 U 810/19) bei einer möglichen vorzeitigen Kündigung ebenfalls keine Entschädigung berechnen. Entsprechende Fehler bieten Ihnen allerdings keinen zusätzlichen Grund für eine Kündigung. Damit greift dies erst, wenn Sie im Zuge eines Verkaufs zum Beispiel das Darlehen ablösen möchten.

Baukredite umschulden: Möglichkeiten nutzen und bares Geld sparen!

Der Zinsrutsch im Bereich der Baukredite seit 2011 hat hierzulande einen regelrechten Immobilienboom ausgelöst. Wer schon vorher eine Baufinanzierung in Anspruch genommen hat, musste unter Umständen noch deutlich höhere Zinsen zahlen. Da eine vorzeitige Kündigung bei Immobilienkrediten oft ausgeschlossen ist, scheint die Lage schwierig.

Doch zum Glück können Sie auch langfristige Darlehensverträge nach einer Laufzeit von 10 Jahren vorzeitig kündigen und umschulden. Sind die 10 Jahre Zinsbindung noch nicht abgelaufen, sollten Sie Ihren Kreditvertrag auf Fehler bei der Widerrufsbelehrung oder bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung prüfen lassen. Auch dieser Schritt lohnt sich oft, um am Ende den Geldbeutel deutlich zu entlasten.

Fotos: pixabay.com

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