10 nützliche Insider-Tipps für Jobcenter-Kunden

10 nützliche Insider-Tipps für Jobcenter-Kunden

Menschen, die auf Hilfe vom Jobcenter angewiesen sind, sehen sich oft einer starren Verwaltungsbehörde mit lieblos agierenden Mitarbeitern und undurchsichtigen Gesetzen ausgesetzt. Nicht wenige empfinden den Umgang mit ihnen als willkürlich, ungerecht und menschenfeindlich. Gelder werden vermeintlich ungerechtfertigt gekürzt, Bescheide werden in unverständlichem Deutsch rausgeschickt, Ansprechpartner sind kaum oder gar nicht erreichbar und in Notfällen erfolgen emotionslose und zügige Abfertigungen wie am Fließband.

So oder ähnlich sieht oftmals der Alltag von Kunden im Jobcenter aus. Kunden, das sind jene, die Sozialleistungen erhalten, aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen zum Beispiel. Ganz gleich, warum Menschen im Jobcenter vorsprechen müssen oder wollen, die vom Gesetzgeber festgelegten Rechte gelten für alle.

Wie man besser in diesem bisweilen undurchsichtigen Dickicht des 2. Sozialgesetzbuches zurecht kommt und seine Rechte effektiv durchsetzt, wird folgend in 10 nützlichen Tipps erklärt.

1. Sanktionen bei verpassten Terminen

Sanktionen, also Kürzungen des Arbeitslosengeldes 2, sind nach wie vor umstritten. In der Politik wie auch bei denen, die sie umsetzen müssen und natürlich bei den Betroffenen selbst. Entgegen weitläufiger Meinungen nutzen nicht alle Mitarbeiter der Jobcenter dieses Instrument zur Bestrafung oder Maßregelung gern. Aber: Das Gesetz lässt kein Ermessen zu, das heißt, es gibt keinen großen Handlungsspielraum für Vermittler, Fallmanager oder Ansprechpartner (das sind meistens die, die sanktionieren).

Grundsätzlich kann niemand sanktioniert werden, der immer zu den Terminen erscheint. Selbst wenn der Termin wegen Verspätung des Kunden ausfällt, darf der Mitarbeiter nicht sanktionieren. Das persönliche Erscheinen am selben Tag genügt. Wer den Termin verpasst, weil er keine Einladung erhalten hat, hat ebenfalls gute Karten.

Jeder, der einen Termin versäumt, muss zwingend eine Anhörung mit einer mindestens zweiwöchigen Frist erhalten, auf die er reagieren und seine Gründe für das Fernbleiben erläutern kann. Vorher darf keine Sanktion veranlasst werden! Achtung: Meistens ist die Anhörung in einer Folge-Einladung integriert. Normalerweise wird nicht sanktioniert, wenn der Betroffene angibt, keine Einladung bekommen zu haben. Einige Mitarbeiter schicken aber auch Einladungen mit Postzustellungsurkunde raus. Hier gilt dieser Grund der nicht erhaltenen Einladung dann nicht mehr.

Wichtige Gründe, bei denen nicht sanktioniert werden darf, gibt es nur wenige. Einer der wenigen Gründe ist Erkrankung. Das wiederum muss mit einem ärztlichen Attest nachgewiesen werden. Wer mehrmals hintereinander Termine wegen Erkrankung nicht wahrnimmt oder dauerkrank ist, wird früher oder später eine Einladung mit einer anderen Rechtsfolgenbelehrung erhalten. Hierin steht dann, dass eine Erkrankung kein wichtiger Grund für das Fernbleiben mehr ist. Ein „normales“ ärztliches Attest reicht nicht mehr aus. Wer nicht persönlich ins Jobcenter gehen kann oder will, braucht in diesem Fall eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung. Die Kosten für dieses Attest übernimmt bis zu einem bestimmten Betrag das Jobcenter.

Es gibt Mitarbeiter, die drücken ab und zu bei versäumten Terminen ein Auge zu. Zum Beispiel bei Verschlafen oder Vergessen des Termins. Das ist lediglich dem guten Willen des jeweiligen Mitarbeiters geschuldet und nicht die gängige Praxis! Es empfiehlt sich daher, offen, ehrlich und freundlich mit seinem Vermittler oder Fallmanager zu sprechen. Wer ganz nett den Termin rechtzeitig absagt, hat mitunter gute Chancen, ohne Nachweis entschuldigt zu werden und bekommt eine neue Einladung.

Üblich ist, dass jeder Kunde mindestens einmal pro Quartal einen Termin erhält. Jobcenter in Regionen mit niedriger Arbeitslosenquote laden ihre Kunden gern häufiger ein, weil weniger Kunden zu betreuen sind und mehr Zeit übrig ist für jeden einzelnen.

2. Die Eingliederungsvereinbarung

Es ist üblich und auch vorgesehen, dass jeder Kunde eine gültige Eingliederungsvereinbarung erhält. Dies ist nichts anderes als ein Vertrag zwischen Kunde und Jobcenter. Die Vereinbarung besteht aus sehr viel Text, wichtig sind vor allem die Passagen zu „Bemühungen des Kunden“ und „Angebot des Jobcenters“, denn diese werden vom Vermittler selbst ausformuliert und geschrieben. Die meisten Eingliederungsvereinbarungen sind wegen fehlerhafter Formulierungen, nicht konkreter Angaben und mangelndem Inhalt vor Gericht nicht haltbar. Viele Vermittler nutzen zudem vorgefertigte Textpassagen bei der Erstellung und schreiben oft zu vage oder unpräzise, entweder aus Zeitmangel, aus Unkenntnis oder aus Bequemlichkeit. (Eselsbrücke: Grundsätzlich sollten die 6 W-Fragen immer beantwortet werden können. Also: Wer, Wie, Was, Wo, Wann, Warum).

Es lohnt sich, die Eingliederungsvereinbarung nicht sofort beim Gespräch zu unterschreiben, wenn Zweifel über das Geschriebene bestehen. Es ist durchaus rechtens, darum zu bitten, alles in Ruhe zu Hause durchlesen zu wollen, bevor man unterschreibt. Eine gänzliche Verweigerung der Unterschrift kann jedoch dazu führen, dass der Vermittler die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erlässt. Das ist zwar etwas aufwendig für den Vermittler, weil gewisse Formalien und Fristen einzuhalten sind, allerdings hat der Verwaltungsakt am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit Bestand. Deswegen ist es besser, dem Vermittler offen zu sagen, wenn man mit dem Inhalt nicht einverstanden ist und um Änderung zu bitten. Ein guter Vermittler wird sowieso immer eine individuelle Eingliederungsvereinbarung erstellen und den Inhalt mit dem Kunden absprechen. Wer zum Gespräch eingeladen wird und bereits nach 10 Minuten eine Eingliederungsvereinbarung vorgelegt bekommt, kann davon ausgehen, dass hier nur ein bereits vorgefertigtes Exemplar angeboten wird, das nicht wirklich auf die persönliche und berufliche Situation abgestimmt ist.

Wichtige Angebote von Seiten des Jobcenters, wie zum Beispiel die Erstattung von Bewerbungskosten oder Fahrtkosten, sollten auf jeden Fall in der Eingliederungsvereinbarung stehen. Denn: Nicht nur der Kunde muss etwas tun, auch das Jobcenter! Die meisten Eingliederungsvereinbarungen werden nur noch unbefristet abgeschlossen. Wer eine Veränderung des Vertrages wünscht, kann dies jederzeit verlangen. Wer die Eingliederungsvereinbarung unterschreibt, muss sich bewusst sein, dass er den darin festgehalten Bemühungen nachkommen muss. Sonst droht im schlimmsten Fall eine Sanktion.

3. Maßnahmen mit Gutscheinen

Jedes Jobcenter hat pro Kalenderjahr ein gewisses Budget zur Verfügung, um Kunden bei ihrer beruflichen Integration zu unterstützen. Die Höhe dieses Budgets ist je nach Region und Größe des Jobcenters unterschiedlich. Ein Teil des Budgets wird üblicherweise Maßnahmen genutzt. Das sind häufig mehrwöchige Bewerbungstrainings oder Coaching-Maßnahmen mit einem geringen Qualifizierungsanteil. Die Besetzung erfolgt meistens nach einem vorgegebenen Schema. Der Vermittler lädt seine verfügbaren Kunden ein, stellt die neue Maßnahme kurz vor und weist den Kunden per Eingliederungsvereinbarung in die Maßnahme zu.

Wichtig:
-Wer nicht krank ist oder keinen Nebenjob hat, aber trotzdem an einer solchen Maßnahme nicht teilnehmen will, wird seinen Vermittler nur schwer überzeugen können, ihn nicht zuzuweisen
-Ein guter Vermittler gibt seinem Kunden Zeit und Gelegenheit, um über eine Teilnahme selbst entscheiden zu können
-Wenn die Maßnahme kurzfristig vom Jobcenter eingekauft und schnell besetzt werden muss (was häufiger der Fall ist), interessiert den Vermittler nicht, ob der Kunde teilnehmen will oder nicht; die Plätze müssen dann dringend besetzt werden, weil sie bereits anteilig oder ganz bezahlt wurden
-Besser man versucht es dann zunächst mit einer Teilnahme; wenn sich herausstellt, dass die Maßnahme nicht den Erwartungen und Versprechungen entspricht, lässt sich eventuell mit dem Vermittler nochmal reden, denn: der Platz ist ja mit Antrittsbeginn durch den Teilnehmer komplett bezahlt!
-Achtung: Maßnahmen, die mit einem Gutschein gefördert werden, sind nicht verpflichtend und können deshalb nicht per Eingliederungsvereinbarung aufgezwungen werden, das heißt: der Kunde entscheidet, ob er diese Maßnahme antreten will oder nicht!
-Mitunter werden Gutscheine für die Maßnahmen dem Kunden nicht ausgehändigt und direkt dem Bildungsträger übergeben; es ist deswegen immer wichtig, zu fragen, um was für eine Art von Maßnahme es sich handelt und ob diese im Gutscheinverfahren gefördert wird
-Die entstehenden Fahrtkosten bei Teilnahme an einer Maßnahme müssen immer vom Jobcenter erstattet werden, auch Kinderbetreuungskosten müssen erstattet werden

Maßnahmen sind ein bevorzugt genutztes Mittel, um den Status „Arbeitslos“ zu unterbrechen und Kunden schneller zu integrieren. Die Gruppen sind wegen des eintönigen Zuweisungsverfahrens oftmals nicht homogen, was dazu führt, dass viele Teilnehmer enttäuscht sind, weil nicht individuell auf deren Probleme eingegangen wird. Deshalb werden Maßnahmen nur ungern freiwillig von den Kunden angenommen. Hinzu kommt, dass die Vermittler selbst oft unter Druck stehen und eine Quote zur Maßnahmebesetzung erfüllen müssen. Tatsächlich gehört die größtenteils unzweckmäßige Maßnahmezuweisung nach wie vor zum Jobcenter-Alltag und führt zu viel Ärger und Wut bei den Kunden, die sich oft überfahren und unverstanden fühlen.

Infografik: So viele Hartz-IV-Sanktionen werden verhängt | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

4. Vermittler versus Sachbearbeiter

Seit Bestehen des Hartz 4-Konzepts hat sich in den Jobcentern (ehemals ARGEN) viel getan. Eines jedoch wird nach wie vor fast überall gleich gehandhabt: Die Aufteilung der Zuständigkeiten. Jeder Kunde bekommt in aller Regel zwei Mitarbeiter, die für seinen „Fall“ zuständig sind. Zum einen den Sachbearbeiter, der halbjährlich, oder inzwischen auch jährlich, die Geldleistungen errechnet und bewilligt. Diesen Sachbearbeiter bekommt der Kunde nur selten zu Gesicht. Er schreibt den Kunden an, wenn etwas fehlt in den Unterlagen oder etwas zurück verlangt wird oder eine Sanktion umgesetzt wird.

Ganz anders der Arbeitsvermittler oder Fallmanager. Von diesem erhält der Kunde regelmäßig Einladungen, um über die berufliche Situation zu sprechen. Der Arbeitsvermittler ist zuständig für die Integration des Kunden in Arbeit. Er muss passende Stellen suchen, die Bewerbungen des Kunden kontrollieren und nachhalten, Bewerbungskosten bewilligen und Maßnahmen anbieten. Viele Kunden sehen ihren Vermittler womöglich öfter als ihnen lieb ist.

Diese Unterteilung der Zuständigkeiten bewirkt häufig, dass Vermittler und Sachbearbeiter nicht immer miteinander, sondern zum Leidwesen des Kunden, eher gegeneinander arbeiten. Intern gibt es nicht selten Unstimmigkeiten wegen unterschiedlicher gesetzlicher Aufträge und Probleme wegen Lücken in den Prozessabläufen. Die einen haben Zeitdruck, weil das Geld pünktlich ausgezahlt werden muss, die anderen haben Leistungsdruck, weil sie vermitteln und sanktionieren müssen. Oft verläuft nicht alles reibungslos. Sachbearbeiter jammern über zu viel Arbeit und faule Vermittler, Vermittler wiederum schimpfen über Fahrlässigkeit der Sachbearbeiter. Außerdem müssen Vermittler meist den hilflosen Kunden erklären, wenn das Geld nicht geflossen ist, weil sie als erster Ansprechpartner fungieren, während Sachbearbeiter eher abgeschottet arbeiten. Dies führt seit jeher zu Frustration in vielen Jobcentern.

Der Kunde kann sich selbst helfen, indem er ein gutes Vertrauensverhältnis zu seinem Vermittler aufbaut. Dann ist die Chance hoch, dass sich dieser auch um Angelegenheiten, für die er eigentlich nicht zuständig ist, kümmern wird. Zumindest wird er sich verstärkt für den Kunden einsetzen und beim Sacharbeiter nachfragen, wenn etwas unklar ist. Ein gutes Standing beim Vermittler kann helfen, viele Probleme zügiger zu lösen.

Grundsätzlich sind die Mitarbeiter einer Behörde angehalten, professionell und neutral sowie vorbehaltlos zu arbeiten. Die Realität ist oft eine andere. Wo Menschen arbeiten, werden erstens Fehler gemacht und zweitens spielen Emotionen und Sympathien immer eine unterschwellige Rolle. Einen Vermittler mit Geschenken zu beeindrucken oder zu bestechen, wird nichts bringen. Aber mit aufrichtiger Freundlichkeit und Dankbarkeit kommt man sicherlich besser und schneller ans Ziel.

5. Die Chance auf eine Weiterbildung

Neben einem Arbeitsvermittler, der auf den Kunden eingeht und zuhören kann, ist gutes Timing manchmal das Wichtigste für Jobcenter-Kunden. Denn wer eine bestimmte Qualifizierung oder einen speziellen Kurs für die eigene berufliche Weiterbildung benötigt und absolvieren will, der muss zum richtigen Zeitpunkt danach fragen. Wie bereits erwähnt erhalten Jobcenter ein jährliches Budget für Eingliederungsleistungen. Mit diesem Geld werden einige Maßnahmen für die breite Masse eingekauft (oft Bewerbungstrainings), Gelder aus dem Vermittlungsbudget finanziert (Bewerbungskosten, Fahrtkosten, Arbeitskleidung, mitunter sogar Kfz-Reparaturen, Friseurbesuche oder Gesundheitszeugnisse), und wenn genug übrig ist, dann auch Weiterbildungen gezahlt.

Für Außenstehende ist nicht ersichtlich, wann Geld da ist und wann nicht. Aber es gibt einige Faktoren, an denen sich erkennen lässt, ob die Chancen für eine Weiterbildung oder einen Spezialkurs gut stehen. Zu Anfang des Jahres erhält jedes Jobcenter seinen jährlichen Haushaltsbetrag. Es lohnt sich, sporadisch gleich da nach einer Weiterbildung zu fragen. Reagiert der Vermittler eher abweisend, verweist zum Beispiel auf eingekaufte Maßnahmen, oder erklärt, dass er keine Notwendigkeit für eine Weiterbildung sieht, lohnt es sich eigentlich nicht, weiter darum zu bitten. Dann ist nicht allzu viel Geld da. Die Weiterbildung wird vermutlich abgelehnt. Niemals wird als Grund fehlendes oder zu wenig Geld angegeben. Die Vermittler wissen das sehr genau und werden entsprechend instruiert. Sie werden fast immer einen guten Grund finden, warum die Weiterbildung nicht finanziert wird, stattdessen werden sie ein alternatives Angebot machen (eine andere Maßnahme). Die Mühe, Widerspruch gegen eine Ablehnung einzulegen, kann man sich im Grunde sparen. Die Bearbeitung dauert viel zu lange. Die Weiterbildung wird wahrscheinlich längst begonnen haben, ehe über den Widerspruch entschieden ist.

Besser ist, bist zum Sommer oder frühen Herbst zu warten. Meistens erhalten dann die Jobcenter nochmal nachträglich einen erheblichen Geldbetrag für den Rest das Jahres. Dann werden Vermittler großzügiger bei der Bewilligung von gewünschten Weiterbildungen.

Merke: Es besteht keinerlei Rechtsanspruch auf Weiterbildungen oder Qualifizierungskurse. Es sei denn, es bestehen nachweislich gesundheitliche Einschränkungen, die ein Fortführen des bisherigen Berufes unmöglich machen.

6. Beim Vermittler punkten

Eine gutes Auskommen mit dem Arbeitsvermittler ist die Basis für ein friedliches und nervenschonendes Kunden-Dasein im Jobcenter. Wer immer auf Konfrontationskurs aus ist, wird es schwerer haben, seine Rechte bei Unstimmigkeiten durchzusetzen.

Der Vermittler muss selbstverständlich nicht alles wissen. Aber: Je offener man sich diesem gegenüber gibt, desto mehr wird er dem Kunden auch entgegen kommen. In den letzten Jahren hat die Agentur für Arbeit ihre Vermittler verstärkt geschult im Hinblick auf eine allumfassende und individuelle Beratung. Vermittler sollen zwar immer noch hauptsächlich vermitteln, aber auch helfen. Es kann nützlich sein, seine Gefühle in Ich-Botschaften auszudrücken. Also konkret zu sagen, wenn etwas unverständlich ist, man sich unwohl oder schlecht informiert fühlt. Auch hilft es enorm, wenn man ehrlich über vielleicht bestehende persönliche oder finanzielle Probleme spricht. Einige Vermittler fragen sowieso danach und berücksichtigen die schwierigen Umstände bei der weiteren Zusammenarbeit.

Vermittler sind Menschen wie Du und Ich! Sie haben mal schlechte Tage oder sind gestresst und stehen unter Druck. Es ist wichtig, nicht alles zu persönlich zu nehmen und lieber direkt zu sagen, wenn man sich vor den Kopf gestoßen oder ungerecht behandelt fühlt.

Freundliches und unaufdringliches Verhalten schafft viele Sympathiepunkte. Wenn man verärgert, enttäuscht oder erzürnt ist, dann nicht gleich laut losschreien oder beleidigend werden, sondern besser sofort die Gründe für den Ärger kommunizieren. Beispiel: „Ich verstehe nicht, wieso Sie mir mit einer Kürzung drohen. Das macht mir gerade Sorgen. Bitte erklären Sie es mir nochmal.“
Auch kommt es gut an, wenn man pünktlich zu den Terminen erscheint (5 Minuten früher am besten) und gut vorbereitet ist. Also: Bewerbungsnachweise mitbringen, Fragen stellen, Gefühlslage beschreiben, wenn man zum Beispiel gerade sehr unmotiviert und frustriert ist.

Stellt sich nach einiger Zeit heraus, dass trotz aller Mühe ein friedliches Zusammenarbeiten auf Augenhöhe mit dem Vermittler nicht möglich ist, bleibt nur der Gang zum unmittelbaren Vorgesetzten. Entscheidet man sich für diesen Weg, sollte man gut und sachlich argumentieren und sich nicht nur in wilden Vorwürfen austoben. Dann auch anmerken, dass kein Vertrauensverhältnis zum Vermittler besteht und um einen Betreuerwechsel bitten undurchsichtig Unterstützung von Seiten des Vorgesetzten. Die Hierarchien in den Jobcentern sind noch immer sehr klar ausgeprägt. Dies kann man sich zum Nutzen machen, eventuell wird der Vorgesetzte intervenieren. Womöglich wird dieser sich aber auch vor seinen Mitarbeiter stellen.

Die Aufteilung der Kunden ist von Jobcenter zu Jobcenter verschieden. Manche unterteilen nach Buchstaben, andere nach Wohnorten, wieder andere nach Alter oder Dauer der Arbeitslosigkeit. Einige Jobcenter verweigern strikt gewünschte Betreuerwechsel. Dann muss man sich wohl oder übel mit dem unbeliebten Vermittler arrangieren.

Eine schriftliche Dienstaufsichtsbeschwerde kann in Erwägung gezogen werden, wenn der Vermittler nachweislich nicht korrekt mit dem Kunden umgeht. Die Ankündigung, sich an die Presse zu wenden, kann mitunter etwas bewegen, ist aber längst kein Garant dafür, dass die Probleme sich in Luft auflösen.

7. Vermittlungsvorschläge

Jeder Kunde eines Jobcenters hat wahrscheinlich schon mal einen Vermittlungsvorschlag erhalten. Darunter versteht man ein schriftliche Arbeitsplatzangebot, auf das man sich innerhalb von drei Tagen bewerben muss. Bewirbt man sich nicht, erhält man in aller Regel eine Anhörung. Hier können die Gründe für das Nicht-Bewerben erklärt werden. Dann entscheidet der Vermittler, ob er den Pflichtverstoß sanktioniert.

Wer einen Vermittlungsvorschlag erhält, sollte zunächst darauf achten, ob eine Rechtsfolgenbelehrung angehängt ist. Fehlt diese, kann auch nicht sanktioniert werden. Manchmal werden nur sogenannte „Stelleninformationen“ rausgeschickt. Diese haben keine Rechtsfolgenbelehrung, die Bewerbung ist demnach freiwillig.

Wer sich auf einen Vermittlungsvorschlag mit Rechtsfolgenbelehrung nicht bewerben will, sollte seine Gründe dem Vermittler schriftlich mitteilen. Wichtige Gründe für eine Ablehnung des Arbeitsplatzes können sein: zu langer Arbeitsweg (mehr als 1,5 Stunden einfach), keine oder mangelnde Erreichbarkeit des Arbeitsortes, gesundheitliche Einschränkungen, eventuell auch in Ausnahmefällen persönliche Vorbehalte oder fehlende berufliche Qualifikation. Der Vermittler prüft die Gründe und akzeptiert sie oder eben nicht. Wichtig: Es gibt keinen Berufsschutz für Jobcenter-Kunden. Das heißt, es müssen auch Helferstellen angenommen werden, die nicht dem eigentlich erlernten Beruf entsprechen. Sofern diese Stelle zumutbar ist! Im Streitfall kann bei der Klärung der Zumutbarkeit ein Anwalt helfen. Kunden des Jobcenters können sich hierfür einen Beratungsscheck beim örtlichen Amtsgericht holen und erhalten damit kostenfrei eine Rechtsberatung.
Was man wissen muss: Vermittler erhalten meistens eine Rückmeldung vom Arbeitgeber darüber, ob sich ein Kunde beworben hat oder nicht. Manchmal erhalten sie auch eine Rückmeldung darüber, wenn ein Kunde sich im Gespräch offensichtlich unangemessen verhalten hat, um ein mögliches Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses zu vereiteln. Eine Sanktion ist dann relativ schnell veranlasst. Selbst wenn die Kürzung wegen Formfehler oder falscher Tatbestände nicht rechtens ist, es dauert sehr lang, bis darüber entschieden wird und die Sanktion wieder rückgängig gemacht wird.
Deshalb ist es besser, gleich mit dem Vermittler über unpassende Vermittlungsvorschläge zu sprechen. Wer sagt, was er möchte und auch nicht möchte, ist oftmals im Vorteil, denn viele Vermittler werden darauf eingehen.

8. Spendentopf und Zusatzgelder

Die sozialen Geldleistungen für Hilfebedürftige sind vom Gesetzgeber festgelegt und begrenzt. Jeder Kunde erhält üblicherweise den Regelsatz, also das Arbeitslosengeld 2. Von diesem Regelsatz müssen unter anderem Strom und auch Telefonkosten gezahlt werden. Zusätzlich gibt es vom Jobcenter die Kosten für die Unterkunft, also Miete und Heizkosten. Je nach Region und Mietspiegel variieren diese Beträge.

Alleinerziehende erhalten außerdem einen Mehrbedarf, also einen geringen Betrag mehr. Auch chronisch Kranke, die auf bestimmte Medikamente angewiesen sind, erhalten einen solchen Zusatzbetrag.
Kosten für einmalige Anschaffungen wie zum Beispiel Wohnungserstausstattung oder Babyerstausstattung können ebenfalls beantragt werden.

Wenn lebensnotwendige Haushaltsgeräte kaputt gehen oder das Auto defekt ist, muss dies eigentlich vom Regelsatz finanziert werden. Doch auch hier gibt es die Möglichkeit, solche Kosten extra zu beantragen, etwa auf Darlehensbasis oder als einmaligen Zuschuss. Manche Jobcenter haben einen kleinen Spendentopf, aus dem sie für gewisse Sonderleistungen oder Notfälle schöpfen können. Hierauf besteht jedoch kein Rechtsanspruch. Der Mitarbeiter entscheidet allein anhand des individuelle Falls, ob er etwas einmalig finanziert aus solch einem Spendentopf, zum Beispiel für Beerdigungskosten, Stromschulden oder Arztkosten.

Merke: Ein Antrag auf Kostenerstattung, für was auch immer, kann jederzeit formlos gestellt werden, am besten in schriftlicher Form. Dann sind die Mitarbeiter verpflichtet, diesen Antrag zu bearbeiten. Bei Ablehnung kann ein entsprechender Ablehnungsbescheid verlangt werden, gegen welchen dann innerhalb einer gewissen Frist Widerspruch eingelegt werden kann. In einigen Fällen lohnt sich dieser Aufwand.

Auch Kosten für Kinderbetreuungskosten können beantragt und bewilligt werden, wenn die Eltern nachweisen, dass sie sich aktiv um eine Arbeitsstelle bemühen.
Fahrtkosten, die entstehen, weil man einen Termin im Jobcenter hat, müssen vom Jobcenter nach Antragstellung ebenfalls zurückerstattet werden.
Wer sanktioniert wurde, kann für den Zeitraum der Kürzung einen Lebensmittelgutschein beantragen. Dies gilt aber nur für Sanktionen ab 30%.

9. Ortsabwesenheit

Viele Kunden des Jobcenters gehen davon aus, dass sie eine Art Urlaubsanspruch haben. Dem ist nicht so! Es gibt die Möglichkeit, eine Ortsabwesenheit zu beantragen für maximal 21 Kalendertage (nicht Werktage!) pro Kalenderjahr. Das bedeutet, der Kunde kann sich dann außerhalb des Tagespendelbereichs (auch im Ausland) aufhalten für die Zeit, für die ihm die Ortsabwesenheit vom Vermittler bewilligt wurde.

Wer nicht mitteilt, dass er verreist und in dieser Zeit eine Einladung zum Termin erhält, bekommt wahrscheinlich nicht nur eine Sanktion, sondern auch ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit. Ordnungswidrigkeiten sind keine Kavaliersdelikte und können beträchtliche Geldstrafen nach sich ziehen.

Wer verreist oder wegfährt, ohne dies der Behörde mitzuteilen, und dann einen Unfall hat, muss im schlimmsten Fall die Kosten des Unfalls und der Krankenversicherung selbst tragen. Auch wer „nur“ für ein Wochenende verreist oder für ein paar Tage, sollte dies mitteilen. In der Regel muss der Vermittler der geplanten Ortsabwesenheit zustimmen, nur dann darf ein Kunde wegfahren. Wer keine Genehmigung erhält, weil er zum Beispiel an einem Bewerbungstraining teilnimmt, aber trotzdem fährt, der muss möglicherweise die Leistungen für den Zeitraum der Abwesenheit komplett zurück zahlen und bekommt obendrauf noch eine Sanktion wegen unentschuldigtem Fehlen in der Maßnahme.

Wer kurzfristig wegfährt und im Jobcenter telefonisch oder persönlich niemanden mehr erreicht, der sollte zumindest per Mail eine Mitteilung machen. Auch darüber, wann er wieder zurück sein wird.
Aufstocker, also Kunden, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, aber deren Lohn nicht ausreicht, brauchen keine Genehmigung vom Vermittler, wenn sie wegfahren. Die Pflicht der Mitteilung über eine Ortsabwesenheit haben sie aber dennoch.

Wer länger als 21 Kalendertage weg ist, erhält ab dem 22. Tag keine Leistungen mehr vom Jobcenter bis zu dem Tag, an dem er sich wieder zurückmeldet. Dies betrifft alle Gelder, also Regelsatz plus Mietkosten. Es könnten demnach Mietrückstände entstehen!

Wer während seiner Ortsabwesenheit erkrankt und deswegen nicht rechtzeitig zurückkommen kann, muss das mit einer Reiseunfähigkeitsbescheinigung nachweisen.
Kunden, die aus Kriegsgebieten nach Deutschland geflüchtet sind, und dahin eine Ortsabwesenheit beantragen, müssen damit rechnen, dass sie ihren Aufenthaltsstatus verlieren und dann nicht mehr nach Deutschland einreisen dürfen. Das Jobcenter macht in solchen Fällen in der Regel eine Meldung an die Ausländerbehörde.

Die Vermittler haben bei nicht gemeldeten Ortsabwesenheiten keinen Handlungsspielraum. Es gilt zudem: Nichtwissen schützt vor Strafe nicht! Nur sehr selten halten die Mitarbeiter eine nicht gemeldete Ortsabwesenheit nicht nach oder weisen den Kunden letztmalig auf die möglichen Folgen hin. Die meisten halten sich strikt an das Gesetz. Ob bei jeder Ortsabwesenheit der Vermittler informiert wird oder nicht, obliegt letztlich der Entscheidung des Kunden, welcher das Risiko alleine trägt und damit verbundene Folgeschäden selbst zu verantworten hat.

10. Widerspruchsstelle und Datenschutz

Jedes Jobcenter hat eine Widerspruchsstelle. Hier werden Widersprüche der Kunden gegen sämtliche Bescheide des Jobcenters bearbeitet. Die Widerspruchsstelle ist eine Rechtsstelle, die neutral und anhand bestehender Fakten und juristischer Vorgaben entscheiden muss. Viele Widerspruchsstellen sitzen direkt in den Jobcentern, was oftmals den Eindruck vermittelt, dass diese immer zu Gunsten der Jobcenter entscheiden. Entsteht bei einem Kunden das Gefühl, dass die Widerspruchsstelle nicht vorbehaltlos arbeitet, kann dies jederzeit beanstandet werden.

Grundsätzlich kann nur gegen einen Bescheid innerhalb einer festgesetzten Frist Widerspruch eingereicht werden. In der Regel sind das 4 Wochen. Ein Widerspruch sollte schriftlich erfolgen. Es genügt das Wort „Widerspruch“ im Betreff. Gut ist es, wenn bereits Argumente ausformuliert und Nachweise oder Belege dem Widerspruchsschreiben beigefügt werden. Wird die Frist verpasst, kann kein Widerspruch mehr erhoben werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, einen Antrag auf Überprüfung zu stellen. Dann prüft die Widerspruchsstelle ebenfalls die Richtigkeit des Bescheides.
Wird einem Widerspruch nicht stattgegeben, kann beim Sozialgericht Klage gegen den erhaltenen Widerspruchsbescheid erhoben werden. Wird ein Widerspruch nicht innerhalb eines halben Jahres bearbeitet, kann eine Untätigkeitsklage erhoben werden.

Last but not least: Datenschutz wird in den Jobcentern sehr ernst genommen. Es kann trotzdem passieren, dass Mitarbeiter nicht immer darauf achten.

-Gespräche über und mit Kunden finden ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt, nicht auf dem Gang!
-Unterlagen mit Daten von Kunden dürfen nicht auf Tischen lesbar herum liegen
-Mailverkehr zwischen Kunden und Mitarbeitern darf nur nach schriftlicher Genehmigung der Kunden erfolgen
-Auskünfte an Dritte dürfen nur mit schriftlicher Vollmacht erfolgen
-Anliegen am Empfang müssen diskret behandelt werden, ohne dass andere dies hören
-Abgegebene Unterlagen sollten in eine undurchsichtige Mappe hinterlegt werden

Bei Verdacht auf einen Verstoß des Datenschutzes kann man sich an den Beauftragten für Datenschutz wenden.

(Stand zum Zeitpunkt der Texterstellung: Dezember 2018, vorbehaltlich gesetzlicher Änderungen)
Fotos: Pixabay.com

5/5 (3)

Bitte bewerten Sie diesen Beitrag

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here